…eine psychisch anstrengende Woche…

…und ein geniales Konzert – so könnte man das zusammenfassen. 

18.02.2018 – Und so in etwa war dann auch mein heutiger Rundgang durch den Prater, anstrengend und trotzdem schön, windig kalt und doch frühlingshaft.

 

Aber ich möchte mich auf einen schönen Moment konzentrieren. Das erwähnte Konzert war eine geballte Ladung an Emotion, von ganz zart bis aufbrausend und wild, von leise bis donnernd, ja jähzornig. Auf jeden Fall eine unglaublich schöne Reise. Und währenddessen überkamen mich einfach die Tränen, nicht vor Trauer, sondern ich war einfach hingerissen von dieser maßlosen Hingabe und Ungeniertheit des Künstlers. Da fragte meine Tochter: „Papa, weinst du!?“  und begann zu lachen. Ja, ich weinte, weil ich zutiefst berührt war. Das ist Teil einer Veränderung.

 

Seit meinen letzten Aufenthalten in der Intensivstation im Februar 2016 hat sich viel verändert, nicht nur körperlich. Eine ganz wesentliche Änderung fand oder findet auf der emotionalen Ebene statt. Manchmal kommt mir vor, dass alles viel intensiver ist und viel ungefilterter einfach durch mich durchmarschiert, egal ob positiv oder negativ. Was ich erlebe und wahrnehme, „fährt einfach vielmehr ein“. Oft gibt es auch Momente, bei denen ich gar nicht sagen könnte, dass etwas Besonderes passiert – und dennoch bin einfach ergriffen und dafür dankbar.

 

Wie äußerst sich das im Alltag? Nun ja, diese Intensität ist sehr oft mit dem Bedürfnis verbunden, einfach zu weinen, und dann steht oder sitzt man irgendwo und fragt sich, wie man seine Tränen verbergen kann, denn Männer weinen doch nicht, und schon gar nicht in aller Öffentlichkeit. Aber ich glaube, das betrifft nicht nur Männer, auch Frauen vermeiden es, in der Öffentlichkeit zu weinen. Man sitzt da und versucht, sich irgendwie zurückzuhalten, oder wischt permanent unter seiner Brille die Tränen weg und weiß nicht, wohin schauen, damit es andere nicht mitbekommen.

 

Aber jetzt mal ganz ehrlich, was wäre denn eigentlich dabei, die Brille abzunehmen und einfach zu weinen? – Ja, wenn ich überwältigt bin, möchte ich es zulassen zu weinen, weil ich diesen Moment so wunderbar finde – und ja, vielleicht auch, weil ich zutiefst traurig bin – dabei kommt letzteres gar nicht so oft vor wie Gefühle der Dankbarkeit, dass ich diesen Moment noch erleben darf. Denn das ist nicht so selbstverständlich – und überwältigt mich.

 

Tränen sind einfach notwendig, damit ich die Ohnmacht, die dieses Gefühl hervorbringt, überhaupt ertragen kann. Oder ist es einfach die Möglichkeit meines Körpers, mit dem Schock der Intensivstation fertig zu werden?

 

Der Psychologe Werner Ahr sagt: “Viele können Tränen nicht ertragen. Doch die Fähigkeit zum Weinen ist unverzichtbar für das seelische Wohl des Menschen. Und nur wer hin und wieder weint, ist gesund, normal und glücklich.“

 

Ich glaube, dieser Aussage schließe ich mich an.

 

Noch etwas hat sich in meiner Gefühlswelt geändert: die Zeit. Ich habe das Gefühl, noch Zeit zu haben, aber diese sehr genießen zu müssen, sie riechen und schmecken zu können. Das fällt mir immer ganz extrem auf, wenn ich im Prater oder anderswo im Freien unterwegs bin und die Luft so intensiv riecht. Und dass ich dabei gar nichts mache, außer zu riechen und zu schmecken, und nur versuche mir diesen Geschmack/Geruch zu merken, ihn in meiner inneren Datenbank abzuspeichern, um ihn dann beim Training wieder hervorzuholen, das bedeutet für mich Zeit. Zeit, die ich habe. Zum Beispiel auch, um mir Berührungen meines Enkels bewusst einzuprägen, ihnen einfach etwas nachzugehen, das alles sind neue Momente meiner Zeit. Und diese sind mir mittlerweile sehr, sehr wichtig geworden.

 

Vielleicht könnte man sagen, ich lege mir gerade eine Datenbank an Gerüchen, Geschmacksrichtungen, Berührungen, schönen Bildern und schönen Momenten an, um sie bei Bedarf aus meinem Gedächtnis hervorzuholen und mich daran zu erfreuen.

 

Hier mal wieder einfach Bilder meines heutigen Rundganges, auch wenn es zum Schluß sehr frisch war, so hat man am Beginn schon den Frühling gerochen.

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